Samstag, 29. Dezember 2012

Top 10 Whiskies 2012

Jacks Top 10 im Weltuntergangsjahr 2012


10. Caol Ila Moch. Frisch wie ein kalter Herbstwind, bei dem es ein Genuss ist, den Frührausmüssenden beim Frührausmüssen aus dem Fenster während einer gemütlichen vierten Tasse Tee zuzusehen.

9. Lagavulin 16 Jahre. Ein schwerer Brocken, reich, aber nicht schön. Das Auge isst nicht mit, aber zur Verdauung eignet er sich bestens. Um einen gruseligen oder profanen Text zu verdauen, ist dieser Islay-Malt besser geeignet als ein kritischer Kommentar.

8. Glenmorangie 18 Jahre. Ein Whisky, der sich extrem rar zu sein brüstet. Ein heller, süßer, naiver blonder Whisky, der noch nicht viel erlebt hat, dem es an Lebenserfahrung fehlt. Er weiß nicht wie es ist, mit einem 18-jährigen Knockando betrogen zu werden. Es gibt eben immer jemanden, der noch zarter ist.

7. Bowmore 18 Jahre. Der Schokoklassiker, der Ritter Sport unter den Islay Malts. Ist volljährig, schmeckt vollmundig, nimmt aber den Mund nicht zu voll (wie etwa Laphroaig Quarter Cask).

6. Tullibardine 1988. Ein 20-jähriger Faulpelz, der lange erforscht werden will. Von selbst tut sich da nichts, man muss ihn schon aufmachen und eins-zwei Drams probieren. Ist er wach, schmeckt er nach Leb- und Pfefferkuchen, und ist auch im floral-hellfruchtigen Bereich sehr lebendig.

5. Mortlach 16 Jahre (Flora & Fauna). Ein Biss bis tief in die Nacht in eine halbtrockene Orangenschale. Etwas nussig, der Abgang flüssig. Langes Nachbeben wie nach einem guten Fruchtbonbon. Ein komplexer 16-Jähriger, wie ein 10-Klässler, der vom IQ her ruhig in die 12. gehen könnte. Hochbegabt, spielt Klavier und Geige, hat eine Einsplus in Botanik und Zoologie.

4. Scapa 14 Jahre. Ein Whisky-Klassiker wie "12 Uhr Mittags" ein Filmklassiker. An dieser Flasche geht kein Djinn vorbei.

3. Knockando 21 Jahre (Jahrgang 1989). Die Milde des 18-Jährigen behält er bei, gewinnt aber eine große Komplexität hinzu. Wie ein Abiturient, dem man 12 Jahre lang das Hirn gewaschen hatte, bis es völlig indifferenzneutral war. Dann aber kommt der Junge in eine anständige Universität und lernt selber denken. Man kann ihn auch mit einem Muttersöhnchen vergleichen, der zum Wehrdienst eingezogen wurde, und nach 3 Jahren Krieg als Mann nach Hause kommt. Da ist Orange und Nuss, Milde, Weisheit und Trockenheit, höfliche Honignoten mit aufrichtigem Rückgrat an Karamell.

2. Glendronach Revival (15 Jahre). Das ist eine feuchte, enge Kiste. Überreife Pflaumen, die zu verfaulen beginnen. Eine volle Lagerhalle ohne Belüftung, überall diese Pflaumen, so feucht und fruchtig; ein nasses Streicheln mit der Zunge, nicht mit der Hand; Sophie Moone und Racquel Darrian. Ein klassischer Frühlingswhisky mit viel, zu viel, ja viel zu viel Gefühl.

1. Glendronach in Fassstärke aus dem Kolumbus-Fass (Cask No. 1492). Eine Spezialabfüllung eines Berliner Whiskyhändlers. Verhält sich zum Revival wie die griechische Klassik zur Renaissance. Pflaumen auf die Substanz gebracht, pures Fruchtfleisch, ungezuckerte Datteln und sehr dunkle Feigen. Schmeckt nach Blau, nach Herbstregen im Wald; Schlammpfütze, die von Blau- und Brombeeren statt von Wasser beregnet wurde. Dunkle Erde, später Abend, etwas kühl. Bodden. Sonnenuntergang im Wattenmeer.

0. Glendronach Parliament (21 Jahre). Derzeit außer Konkurrenz. Antikes Leder und getrocknete Pflaumen. Pflaume auf den Begriff gebracht, endgültig verdattelt. Riecht nach aufrichtiger Zuneigung und ernsthaften Absichten. Reife, erwachsene Sehnsucht nicht ohne kindliche Verspieltheit. Wald spät am Abend, Ende August. Wunderschönes schwarzes Mädchenhaar, durchdringend ehrliche Blicke, zugleich so zart, als würden sie durch den Körper hindurch direkt in die Seele schauen. Lyrik ist in der Luft: Hölderlin und Gryphius. Musikalisch schwingen Bachs Kantaten mit, unterbewusst Metallica. Reif und delikat, nicht explosiv; freundschaftlich, aber nicht zu nahe tretend. Ein großartiger, ein unglaublicher Whisky, fast wie das Mädchen, an welches er erinnert.