Sonntag, 16. Juni 2013

Der 40-jährige Glenfarclas




Schnee und Chrom. Ein Schokoladeneis mit dünner Silberkuste. Ein Duft, der viel verspricht, und ein Geschmack, der die vielen Versprechen hält. Schon der Geruch strahlt eine dezente Wärme und erhabene Ruhe aus, die diesem Alter durchaus angemessen ist, aber üblicherweise selten vom Geschmack bestätigt wird. Hier harmonieren Geruch und Geschmack, - die Farbe ist hingegen etwas blass, und verbirgt mehr, als sie zeigt. Genug Holz, aber nicht holzig, da sind 25-jährige Malts in der Regel viel holziger. Dominant sind die edel-metallischen Noten, feine Chromflocken, die auf der Zunge schmelzen. Es gibt kein Eis und keine Praline, das oder die als Eis oder Praline so gut wäre, wie dieser Whisky. Man trinkt ihn nicht, man nascht ihn. Ein festlicher, vielleicht weihnachtlicher Malt, der sich zu jüngeren Glenfarclas so verhält wie ein guter Champagner zu handelsüblichem Bier.   

Talisker Port Ruighe




Noch ein neuer, prätentiöser Talisker. Ein Port Finish. Süß, penetrant mundfüllend wie der 12-jährige Macallan Fine Oak, aber genausowenig überzeugend wie dieser. Den Nichtkenner, der Talisker schon kennt, wird dieser Whisky überraschen; den Nichtkenner, der Talisker noch nicht kennt, werden danach die anderen Talisker überraschen. Man glaubt diesem Whisky kaum, dass er ein Talisker ist, außer man trinkt mehr davon. Irgendwann verrät er sich schon, er kann sich nicht gut verstecken. Der Portweingeschmack ist sehr vordergründig und hat wenig Tiefe. Die Schnelle, auf die er gefertigt wurde, schmeckt man diesem Malt ohne Altersangabe deutlich an. Nicht Kirsche nicht Pflaume, aber auch nicht etwas dazwischen, vielmehr rote Pflaume, aber ganz sicher nicht dunkle Kirsche.

Der 16-jährige Silver Seal




Ein gut gewählter Name für diesen leichten, fast schon leichtsinnigen Malt. Der Duft verduftet schnell, man hat nicht viel zum Riechen. Also schnell in den Mund damit, aber nicht gleich runterschlucken, es ist immerhin ein Single Malt. Ein Argument? Mitnichten, denn es gibt Single Malts, die selbst in Jim Beam ihren Meister finden. Ärgerlich, aber solche gibt es auch. Doch dieser hier ist kein Reinfall, eher ein ziemlich guter Einfall. Jede Menge Biskuit, erinnert an Apfelkuchen mit einem Hauch Zitrone. Auch Pfirsiche müssen sich nicht verstecken. Leicht, mild, was will man weniger? Weniger geht nicht. Mehr? Nun, es ist kein sonderlich komplexer Whisky, aber auch kein geschmackssteriler, wie etwa Auchentoshan Valinch oder der 18-jährige Knockando. Wem Glenfiddich zu langweilig ist, wem Glenlivet zu süß ist, der sollte auf Silver Seal umsteigen. Wer nicht so leicht aufgibt, lässt den Silver Seal links liegen, und sucht und findet einen Linkwood, der dieselben Geschmackstrajektorien viel schöner beschreiben kann, sobald man ihn in den Mund nimmt.

Der 33-jährige Glendronach




33 ist ein erhebliches Alter für einen Menschen, aber noch kein hohes Alter für einen Whisky. So einen hölzernen Einstieg in eine Whiskyrezension hat man zwar selten gelesen, aber so wird man wenigstens auf das Holzige in diesem Whisky vorbereitet. Wie gesagt, jede Menge Holz. So, als wäre nicht der Whisky im Holzfass gereift, sondern ein Holzfass im Whisky aufgelöst. Der 33-jährige Glendronach hat nichts, was der 21-Jährige nicht schon hat, ist dafür aber, - und wenn ich mich zum wiederholten Mal wiederhole - um eine Größenordnung holziger. Darüber hinaus ist er milder und schwächer. Ausgewogener? Wenn dieses Wort ein Euphemismus für "langweiliger" sein soll, dann mag das stimmen. Wo sind die trockenen Pfaumen, wo sind die Datteln, wo ist das antike Flair, wo ist der Charme des 19. Jahrhunderts? All das hat der 21-jährige Glendronach, der 33-Jährige hat das nicht. 

Glenfiddich Snow Phoenix




Glenfiddich schmeckt bekanntlich nach Herbstlaub; je älter der Whisky, umso später der Herbst. Der Snow Phoenix ist ein Dezemberwhisky, geschmacklich von gefrorenem Laub gepflückt. Die Welt ist, wie Wittgenstein einmal sagte, alles, was der Fall ist. Nun ist Glenfiddich eindeutig nicht mein Fall. Selbst der vielgelobte 30-jährige Glenfiddich hat mich nur preislich, aber nicht geschmacklich überzeugt. Der Snow Phoenix ist da schon besser: als säße man in einer Hütte beim Skiurlaub Ende Dezember, und als wäre das Dach der Hütte unter den Schneemassen eingestürzt. Da wird einem kalt, - man sitzt in einem roten Zuhauseanzug vorm Kamin, und findet seine Blondine in diesem komischen Karohemd einfach nicht. Da bleibt einem nichts übrig, als einen Glenfiddich Snow Phoenix zu öffnen, und darauf zu warten, wie es weiter geht, denn es muss ja weiter gehen.