Freitag, 22. März 2013

BenRiach Heredotus Fumosus




Der 12-jährige BenRiach Heredotus Fumosus ist zwar keine Klasse für sich, aber für sich Klasse. Seine geschmackliche Grundmelodie ist nasser Stroh. Als würde man da rein beißen, aber das ist noch nicht alles. Als würde man versuchen, nassen Stroh anzuzünden, dabei scheitern, schimpfen, bis einem die Streichhölzer ausgegangen sind, und dann den angekokelten Stroh wiederum beißen. Geruchlich - tut mir leid - unreines Strohfeuer mit einem hohen Mist-Anteil. Apfel, Erdnussschale, getrocknete Aprikosen, - zwar marginal, aber spätestens nach dem vierten Schluck vorhanden. Es ist ein Whisky, von dem es mehrere Drams braucht, um ihn voll zu verstehen. Ein Nachtmahr für Anfänger, ein mittleres bis großes Wow für Fortgeschrittene. Ein Malt, der das Beste aus Islay und den Highlands zu einem Ratespiel-Fest der Sinne vereint: ein rauchiger, getorfter BenRiach. Man darf ihn nicht probiert haben, man muss ihn getrunken haben.

Dienstag, 12. März 2013

Ein Vitrinenfrontbericht




10 Jahre und jünger. In dieser Kategorie stechen zwei heraus: der 7-jährige Smokehead und der 8-jährige Glendronach Octarine. Wem whisky porn wie Maximum Sherry oder Maximum Peat gefällt, den sollen sie holen, diese Monstermalts, die zu fast zwei Dritteln aus Ethanol bestehen, und geschmacklich jeweils eine einzige Richtung kennen. Der pseudolegendäre Octomore, ein Torfporno, sündig jung und sündhaft teuer, sei hier als weiteres Negativbeispiel genannt. Der 7-jährige Smokehead ist ein typisch untypischer Islay Malt (Whisky von der Insel Islay), der mit dem klassischen 10-jährigen Laphroaig gut mithalten kann, jedoch weniger Rauch und mehr Fruchtkörper enthält. Der geschmackliche Pilzbefall von Islay Malts ist nicht immer eine Freude: oft entsteht dadurch besonders bei jungen unausgewogenen Malts eine Geschmacksverwirrung, so dass der Whisky nach gar nichts schmeckt; ein spezieller Cask Finish (wie Sherry oder Port) ist beim Islay erst ab 15 Jahren angebracht. Der Smokehead ist nicht zu fruchtig, schmeckt sogar nach Fisch und Leder (eine Spezialität von Caol Ila), und ist für sein Alter ballrund. Der Octarine von Glendronach überrascht ebenfalls durch eine für sein Alter ungewöhnliche Komplexität, und übertrifft sogar den regulären 12-jährigen Glendronach. Der Octarine ist ein wahrer Octopus: er erinnert an Herbstlaub und Käsekuchen, an den leicht metallischen 14-jährigen Clynelisch wie an den alten Glenmorangie Sherry Wood Finish. Leichte, aber feste Fruchtigkeit, nicht zu viel; etwas Orange, eine Spur Quillaja-Honig. Der Mäuse benötigt man für den Smokehead etwa 30, für den Octarine an die 40, also fast vier Ratten. Maximum Peat/Sherry kosten jeweils einen Biber, und für den keine 5 Jahre jungen wodkafarbenen Octomore zahlt man locker einen Zehntelriesen.

11 bis 15 Jahre. Der klare Oliver Kahn in dieser Alterskategorie ist der 15-jährige Glendronach Revival. Der 14-jährige Scapa ist ein Lew Jaschin, eine Legende, die nicht mehr lebt. Bei diesen Perlen der Ethanolgeschichte geht Probieren buchtsäblich, nein buchstäblich (ich habe wohl schon zu viel probiert) vor Studieren. Für viereinhalb Ratten ist der Revival deiner, für den Scapa verlangt der Hamster ab 70 Mäuse.

16 bis 20 Jahre. Gruselig und profan sind die grenzwertjahresangabigen Ben Riach: mild, aber nicht fruchtig, etwas Honig und Marzipan, aber kaum Charakter und Nachklang. Der 16-jährige Scapa ist eine Beleidigung für seinen legendären Vorfahren, an welchen von den regulär erhältlichen Whiskies nur ein Irish Blend, der 18-jährige Jameson erinnert. Eine Ausnahme, wahrlich: ein Nichtsinglemalt, der sich mit einem guten Single Malt messen kann. Ein sicherer Hafen für Islay-Freaks ist der 17-jährige Bowmore, für den Gentleman von einem Seemann der 18-jährige. Herzhaft und ehrlich sind die Gebrüder Aberlour (16 und 18 Jahre): nicht so fassstark wie der 60-prozentige Bunny (A´bunadh, was "Ursprung" bedeutet), aber ähnlich komplex. Als Luftsprung sind die leicht-lockeren sanft-milden 18-jährigen Knockando und Glenmorangie zu empfehlen, als Absprung ist vom 18-jährigen Laphroaig wie vom auf dem Papier gleichermaßen volljährigen Glenlivet abzuraten. Der 16-jährige Tomintoul hat noch einen leichten Vorsprung vor dem Verfasser, d. h. er wurde noch nicht von diesem getrunken, was ein schwerer Kavaliersdelikt ist, und nicht wieder vorkommt. Der Tomatin Decades ist ein aus mehreren Jahrgängen zusammengesetzter Malt, und der klare Gewinner in dieser Alterskategorie, in welche er jedoch nur nach dem Durchschnittsalter der für ihn gestorbenen Fässer einzuordnen ist. Decades ist ein vierdimensionaler Whisky, der die obligatorische Orangenschale eines Sherry-Finisches in der Westentasche mitbringt, aber darüber hinaus noch Holunderbeere, Preiselbeere und rote Johannisbeere mitwachsen lässt. Sein Abgang ist wie ein Sonnenaufgang im Frühsommer: saftige, leicht verspielte Frische mit einer leicht trockenen Fruchtigkeit von Weingummi. Der Preis ist entsprechend.

21 bis 30 Jahre. Knockando Jahrgang 1989. Glenfarclas (21 Jahre) lieber nicht. Der 25-jährige Talisker für 150 ist gut, aber der gleichaltrige Glenfarclas für die Hälfte genausogut. Dieselbe Süße wie der Talisker bringt der 30-jährige Glen Ord mit, der nach Weizen und Gerste riecht, nach frischgebackenem Brot schmeckt, aber letztlich zu charakterlos für sein Alter und zu eindimensional für seine Milde ausfällt. Der klassische 25-jährige Bowmore erinnert an einen lieblichen Schwarztee, und entfaltet leider keine anderen nennenswerten Aromen. Der 21-jährige Balvenie ist mild wie Hohes C und schmeckt überhaupt nicht wie ein alkoholisches Getränk; dumm für ihn, dass Alkohol ein Geschmacksträger ist, und ein guter Fruchtsaft schon für 2-3 Euro pro Liter zu kaufen ist. Natürlich ist der 30-jährige Glenfiddich ein prima Whisky, der edelsüß und floral schmeckt, - sehr grasig, gelbes Laub, weiße Schokolade und helle Trockenfrüchte. Für 240 Mäuse kann man jedoch zwei Flaschen Glenmorangie Signet kaufen, und ihm gilt meine Empfehlung in dieser Altersklasse. Der Signet entstand aus exzessiv gerösteter Gerste, und brachte schon bei der Destillation gute Voraussetzungen für seinen schokoladigen Geschmack mit. Diesen entfaltet er nicht zu knapp, und bleibt dabei ein Whisky: leichte Schwarztee-Noten, nicht zu verwechseln mit Teer und Druckertinte, Geschmacksfarbe Silber bis Gold, Geschmacksform rund und etwas wellig aber keineswegs Locken. Ein abendfüllender Whisky mit milden Holznoten, einer Sehnsucht nach ursprünglichen Wäldern und Regenwasser im Gebirge.